Samstag, 19. September 2009

Ennos Abschied

Lieber Manfred, da ich nun in Entebbe angekommen bin und auf meinen Flug warte, habe ich noch Zeit dir einen weiteren kleinen Bericht zu schreiben. Dieser stellt am Ende meiner Reise auch einige nachdenkliche Fragen. Vor einer Woche am Sonntagabend gab es eine "kleine" Abschiedsparty. Ich hatte 10 Leute eingeladen, doch es kamen mindestens 30 und alle wollten eine Portion Reis mit Rindfleisch. Irgendwie bekamen wir das auch hin und nach dem Essen verabschiedete mich Pastor Erasmus mit einer kleinen Rede. Jeder, der wollte, konnte noch sagen, was ihm an mir gefallen hatte, und so gab es einige für mich bewegende Momente. Dann bedankte ich mich bei allen für die schöne Zeit und die Party wurde eröffnet: Generator angeschmissen, Musikvideos von Erasmus eingelegt (er ist in Ostuganda ein bekannter Sänger und wird im Radio gespielt) und getanzt. àFür besondere Erheiterung bei den afrikanischen Gästen sorgte mein kurzer Tanzauftritt in einem der Videos da ich mit den geschmeidig tanzenden Einheimischen nicht ganz mithalten konnte :)! Am nächsten Morgen fuhr ich mit Teacher David nach Jiinja, mit 160.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes. Direkt am Viktoria See an der Quelle des Nils lag Davids Wohnung bzw. die seines Freundes, wo wir für zwei Nächte unterkamen. Wir besichtigten die Bujagali Falls(Stromschnellen im Nil), den Staudamm, welcher das ganze Land mit Strom versorgt (theoretisch) und die Quelle des Nils. Mein Bild von Uganda malte sich in Jinja teilweise neu: Elektrizität, stabilere Häuser und recht viele weiße Menschen. Ein moderneres Bild als ich es aus Butiru gewohnt war. Ich dachte vorher ganz Uganda ist unentwickelt. Doch - wie mir David berichtete - ist es nicht ganz so. Neben Jinja und Kampala ist auch der Westen Ugandas deutlich weiter und wohlhabender, da Präsident Museveni seinen dort beheimateten Stamm stark unterstützt. Die besten Häuser im Osten sind die ärmsten im Westen, sagte David. Das ist mit Sicherheit übertrieben, jedoch treibt Museveni die Vetternwirtschaft so weit, das die Bevölkerung es mitbekommt und der Unmut wächst. Beispiel: Machthierarchie. Die Armee, als wichtiges Ordnungsorgan (vor der Polizei) wird von 5 Generälen geführt. 3 davon aus Musevenis Stamm, 2 aus Nachbarstämmen. Der Präsident ist daher besonders in der jüngeren Bevölkerung nicht sehr beliebt. Sie haben die schrecklichen Jahre vorher nicht miterlebt und nehmen seine großen Erfolge bezüglich der inneren Sicherheit, Religions-, Presse- und Meinungsfreiheit nicht so wahr: Sogar seine Frau steht im Parlament als Abgeordnete manchmal gegen ihn auf und auch Imitation seiner selbst (die sehr lustig sind, da er stottert) nimmt er mit Humor. Überdies fehlt wohl sowieso eine Alternative. Keinem anderen wird zugetraut das Land als starker Mann zu führen. Und so bleibt wohl nur zu hoffen, dass er die Wahlen 2011 für sich entscheidet. Einen kleinen Ausblick auf das, was bei ungünstigen Wahlergebnissen droht, gab das letzte Wochenende. Unruhen in Kampala! Schießereien, Straßen in Brand, Tränengas und Tote. Museveni hatte dem Oppositionsführer verboten zusammen mit dem König des Buganda Stammes – der größte Teil des in Stämme aufgespaltenen Landes - zu einem Treffen in den Westen des Landes zu reisen. Er fürchtete, dass sie sich gegen ihn verbünden. Die Anhänger des Königs antworteten mit heftigen Randalen. Zu der Zeit war ich noch auf dem friedlichen Dorf. Gestern, am Mittwoch, war ich dann von Jinja nach Kampala gereist um mich mit zwei englischen Entwicklungshelfern zu treffen, die ich auf dem Hinflug kennengelernt hatte. Leider waren ihre Erfahrungen nicht so gut wie meine. Ihre Gastfamilie hatte scheinbar einen großen Hass auf Weiße und besonders auf Briten, als die ehemaligen Besatzer. Die Hilfsorganisation für die sie arbeiteten hatte sich scheinbar um gar nichts gekümmert. Zu allem Übel waren sie zum Zeitpunkt der Unruhen auch noch im Stadtzentrum gefangen. Ich weiß nicht in wie weit diese Erfahrungen ihr Bild von Uganda beeinflusst haben, doch während sie am Beginn unserer Reise noch total motiviert und engagiert waren, hatten sie nun jegliche Lust verloren in Uganda weiter zu helfen. Sie vertraten nun die Meinung, dass Weiße hier als wandelnde Dollarscheine gesehen werden. Und Schuld sei die falsche Entwicklungshilfe. Zu viele Menschen hätten sich darauf spezialisiert Spendengelder einzuheimsen und würden gar nicht mehr versuchen ein eigenständiges Leben aufzubauen. Deshalb sollten wir Europäer aufhören unser Gewissen durch unüberlegtes Spenden zu befrieden. Denn dem Land helfe es nicht. Man müsse - folgerten die beiden - der Bevölkerung die Möglichkeit lassen selbstständig zu werden. Eine Art Schocktherapie. Wenn die Versuchung da sei, würden viele lieber versuchen durch Betteln und Jammern an Geld zu kommen, was ihnen langfristig nicht helfe. Diese Einschätzung war für mich der erste große Kratzer in meiner rosaroten Ugandabrille. Ich kam aus Butiru und hatte fast nur positive Erfahrungen gemacht. Zwar präsentierten mir manche ihr Leid tatsächlich etwas zu aufdringlich. Auf der anderen Seite, fragte ich mich: Was würde ich denn tun? Wenn ich die Chance hätte und, vielleicht rückt der reiche Weiße ja etwas raus, würde ich es wohl auch probieren. Und so ist es vermutlich wie überall, es gibt nette und weniger nette Ugander. Grundsätzlich sind letztere jedoch wohl eher in der Stadt zu treffen. Denn in Entebbe machte auch ich eine unschöne Erfahrung mit einem aufdringlichen Begleiter, der mir ungefragt einige Informationen über Bäume(Gattung,Name..), die am Straßenrand standen erzählte und im Anschluss mächtig Geld haben wollte. Danach war ich auch ins Zweifeln gekommen, ob vielleicht alle nur wegen meines Geldes so nett zu mir waren?? Doch glücklicherweise traf ich auf dem Rückflug wieder einen Ugander, der super nett war und keinen Cent von mir wollte, sodass ich mir doch sicher bin, die allermeisten Menschen, die ich kennengelernt habe, sind wirklich so nett wie ich es empfunden hatte. Dennoch hatten die beiden Engländer meiner Meinung nach Recht. Es wird zu viel unüberlegt gespendet um sich gut zu fühlen. Beispiel: Kürzlich er Kredit der Weltbank, von dem einer Untersuchung zu Folge nur 20% unten in der Bevölkerung ankamen! Wenn man spendet, dann muss es an dir Wurzel gehen. Und so führte ich Elisabeths Aufbau von Schulen an. Dies ist überlegte Entwicklungshilfe, da es die Menschen auf eigene Beine stellt und von Elisabeth vor Ort alles genauestens überwacht werden kann. Das Paar aus England stimmte mir zu. Leider hatten wir nicht genug Zeit um ausführlich zu diskutieren, da dieser Tage Kampala bei Nacht nicht so sicher ist. So bleibt als Abschluss meiner Reise ein kleines Fazit: In Uganda lebt ein wunderbares Volk. Offen, fröhlich, herzlich und gastfreundlich, auch wenn es – wie überall – Ausnahmen gibt. Viel Geld und noch mehr Engagement sind notwendig um schlechte Traditionen wie Beschneidungsrituale und Aberglaube zu verbannen und die Menschen in die Situation zu versetzen ein eigenständiges Land aufzubauen. Auf jeden Fall hilft - denke ich- jeder Besucher aus Europa und so werde ich wiederkommen ;)! Liebe Grüße Enno

Montag, 7. September 2009

Enno zum Dritten

Hallo Enno! Endlich will ich mich mal bedanken für Deine Berichte. Ich habe sie im Butiru-Blog veröffendlicht und vielleicht nimmt das IK auch noch etwas, gute PR, danke für Deine Zeit. Ich wünsche Dir weiter gute Reise. Herzlichen Gruß Manfred Hi Manfred, gern geschehen! Ich bin froh, wenn ich etwas von der Freundlichkeit und Warmherzigkeit, mit der ich hier empfangen wurde, zurückgeben kann. Ich denke einen kleinen Diavortrag für die Paten kann ich dann auch machen. Da wir nun auch schon wieder in Mbale sind, kann ich noch kurz schreiben, was seit Freitag passiert ist: Samstag habe ich mich als richtiger Tourist gefühlt. Wir waren schwimmen in einem Hotel mit Swimmingpool als Abschluss der Ferien für die Kinder. Joel und Hanna können schon schwimmen, doch der adoptierte Philip konnte mit seinen 16 Jahren – wie die meisten einheimischen – nicht schwimmen und plantschte stattdessen voller Aufregung am Rand herum. Es sind diese selbstverständlichen Dinge, die einem bewusst machen, wie anders das Leben hier doch ist. Wenn ich aus dem Internet Café raus auf die Straße gucke, so sehe ich eine sandige Straße, deren Asphalt überall schon abbröckelt. Ab und zu fährt ein boda boda vorbei (die hiesigen Motorradtaxis) und übertönt die Musik aus dem kleinen Shop gegenüber. Dies ist die drittgrößte Stadt des Landes. Mittag habe ich heute für umgerechnet 30 Cent gegessen. In einem kleinen Hinterhof. Wenn man von der Hauptstraße abweicht, wo Wachen an jeder Bank stehen, ist es schon noch ein mulmiges Gefühl, da einen alle wie einen Außerirdischen angucken. Doch man braucht wirklich keine Angst haben. Wenn man “Molembe” (=Hallo) sagt, weicht das Staunen aus dem Gesicht meist einem breiten Grinsen. Besonders die Kinder auf den Dörfern freuen sich wie wild, wenn ein “Musungu” (=Weisser) vorbeikommt. Auf der Rückfahrt am Freitag hatten wir übrigens einen platten Reifen. Und da keiner dabei war, der sich auskannte, versuchten Elisabeth und ich es. Wie sich herausstellte ist Reifenwechseln gar nicht schwer ! An den Strassenverkehr ansonsten habe ich mich nun ganz gewoehnt und auch die Verkehrsregeln hat Elisabeth mir erklaert : Grosses Auto vor kleinem Auto und Asphaltstrasse vor Sandstrasse. Wenn einem ein gleichgrosses Auto entgegenkommt, kommt es drauf an, wer zuerst ausweicht. Meine Zeit ist wieder rum. Will noch einen Passionsfruchtsaft kaufen, bevor wir zurückfahren. Liebe Grüsse!

Samstag, 5. September 2009

Enno hat wieder eine Mail geschickt

Lieber Manfred! Nun nähert sich meine Reise schon dem Ende. Eine Woche bin ich noch bei Elisabeth, bevor ich am 11ten nach Kampala fahre um ein paar Volontäre zu besuchen, die ich auf dem Flug kennengelernt habe. Mein letzter Bericht ist glaub ich 2 Wochen her. Ich weiß gar nicht mehr genau,was alles passiert ist. Ich versuch mich mal zu erinnern :):Die meisten Tage begannen mit einem leckeren Frühstück bestehend aus Tee mit Milch, Bananen oder Ananas, manchmal geröstete Erdnüsse und ab und zu auch Brot mit Marmelade. Danach haben " Teacher David „, ein Biologie Lehrer, der für ein Jahr in Butiru unterrichten wird und gleichzeitig mein Zimmergenosse ist, abgewaschen. Da Elisabeth eine große Familie hat und zusätzlich noch abwechselnd verschiedene Bekannte aus Butiru zum Essen kommen, kann das Abwaschen schon mal bis halb 10 dauern. Danach machte ich mich mit David meist auf den Weg zur Schule. Es sind eigentlich gerade Ferien, aber es wird ein Ferienunterrichtsprogramm angeboten, sodass ich einige weitere Stunden Mathematik unterrichten konnte. Es machte sehr viel Spaß. Außerdem erinnere ich mich an einen wunderbaren Ausflug zu den Sippi Waterfalls. Diese liegen bei Karpchowa in den Bergen bei Mbale (1 Stunde nördlich von Butiru gelegen ist Mbale die naechst groessere Stadt, in der man Internet und Einkaufsmoeglichkeiten findet). Nachdem wir einige Verhandlungen über eine Gruppenführung hinter uns gebracht hatten, führte uns ein Einheimischer in ein Tal. Der Pfad war teilweise steil und nur von den einheimischen Farmern getrampelt, die an den Berghängen ihre Früchte und Pflanzen anbauen. Doch es lohnte sich! Ein bestimmt 100m hoher Wasserfall fiel direkt vor uns in einen kleinen Teich. Am Samstag habe ich mit Joel, Philip (Elisabeths Söhne) und David das Premierleague Match Arsenal gegen ManU im Dorf angeschaut. Ein Fernseher ist die absolute Ausnahme und so versammeln sich abends alle in einem 20qm grossen Raum um Filme oder Fussball anzugucken. Eintritt ist 500 USH, ungefähr 15 Cent. Da die englische Liga hier absolut beliebt ist, war der Raum am Samstagabend rappel voll. Am Anfang schon etwas beängstigend, da der Raum auch noch abgedunkelt ist. Doch als das Spiel begann und alle voll und ganz konzentriert auf den kleinen Fernseher starrten konnte ich mich auch entspannen und genoss einen 2:1 Sieg von ManU, wobei Arsenal den Sieg eigentlich eher verdient hätte ;)! Übrigens habe ich gestern mit dem hiesigen Dorfklub ein 2:2 gegen die Nachbarn aus Buhadala erkämpft. Als wir zum Spiel ankamen, wusste ich noch nicht, dass ich auf einem Fußballfeld stehe: Hügel und Löcher überall, keine Tore, einige kleine Sandwege und merkwürdige Rinnen, die über das Feld führen. Doch als wir uns zur Aufstelllung formierten, erkannte ich plötzlich, dass diese Rinnen den Mittelkreis sowie Feldlinien darstellten. Tore wurden schnell aus langen Stöckern und Lianen gebaut und dann sollte es losgehen. Doch auf einmal Unruhe: Der Schiedsrichter hatte keine Pfeife! (ja auch den gibt es, und er hat sogar rote und gelbe Karten dabei). Also verzögerte sich der Beginn nochmal um 15 Minuten bis irgendwer eine Pfeife brachte. Das Spiel war dann sehr ausgeglichen, doch mit dem 2:2 stehen wir als Sieger da, da das Hinspiel 2:1 für uns ausgegangen war. Leider gab es auch einige traurige Momente. "Tante Josephine", die an Aids leidet, ist wieder sehr krank geworden. Sie hilft Elisabeth im Haushalt und reist herum um über Aids aufzuklären. Es ging ihr wirklich schlimm, doch durch Elisabeths Unterstützung ist es möglich, dass sie im Krankenhaus behandelt wird. Wir hoffen, dass es ihr besser geht, wenn wir sie heute besuchen. Auch die Schwester von Teacher David - vermutlich ebenfalls an Aids erkrankt - wurde krank. Er war sehr traurig und versuchte alles in Bewegung zu setzen um von Freunden ein wenig Geld zu bekommen. Die Leute haben nicht wie in Deutschland eine Versicherung, sodass man, wenn man ins Krankenhaus will, privat bezahlen muss. Es ist noch nicht mal viel: 20 Euro brauchte David, die er als Vorschuss von seinem Gehalt erhielt. Überhaupt ist die Armut für uns unvorstellbar. 5 Euro sind hier so viel Geld! Da meine Internetzeit ausläuft muss ich mich nun kurz fassen. Ein kleines Beispiel: Ein Mittagessen in einem Restaurant für 5 Personen kostet zwischen einem und zwei Euro. Und dafür kriegt man schon was Leckeres! Nicht die Nationalspeise "Posho" ;) an die ich mich aber auch schon gewöhnt habe! Vermutlich war das mein letzter Bericht! Vielleicht nochmal in einer Woche!Liebe GrüßeEnno