Dienstag, 16. Juli 2013

So hat man seine Sorgen

Liebe Leute!
Im letzten Post wunderte ich mich, dass wenig aus Butiru zu hören war. Unten schreibt Elisabeth den Grund.
Ich selbst habe auch noch ein Anliegen: Wir bekommen mitunter Sonderspenden aus Hochzeiten oder Geburtstagen ohne lesbare Namen oder richtige Adressen. Dann sitzen wir hier und können nicht Danke sagen. Es waren uns schon Leute bitterböse, weil kein Lebenszeichen von uns kam.
Wir freuen uns sehr über Spenden, wir sagen auch gern Danke  :-)

Hier kommt Elisabeth's Brief, ich sag Tschüs.


Liebe Freunde.
 
In letzter Zeit treten bei uns häufiger resistente Malariaanfälle (der Sorte Tropica - falciparum) auf. Das heißt, unser Behandlungsmittel der ersten Wahl (Artemeter/Lumefantrine) hilft nicht mehr.
Ich selber hatte letzte Woche einen resistenten Anfall. Normalerweise merkt man schon einige Tage vor Auftreten der Schüttelfröste, daß ein Anfall im Anzug ist. Die Glieder tun weh, Kopfschmerzen und Durchfälle beginnen. Man "dodged" dann zuerst mit Aspirin und viel Trinken, bis die Fieberschübe beginnen. Und schluckt dann drei Tage lang morgens und abends je 80 mg Artemeter/ 480 mg Lumefantrine, die Dosis für Erwachsene,( Kinder nehmen entsprechend ihres Körpergewichtes weniger). Meist geht es einem am zweiten Tag bereits besser und das Leben geht weiter bis zum nächsten Anfall. Auch mit Schutzmaßnahmen wie Schlafen unterm Mosquitonetz, abends Fenster und Türen zuhalten, alle Sumpfstellen in der näheren Umgebung austrocken, Gebüsch ums Haus niedrig halten oder am Besten ganz weg nehmen, hat hier bei uns jeder im Durchschnitt zwei Malariaanfälle im Jahr.
Als gutgenährter Erwachsener steckt man so einen Anfall ganz gut weg. Schlimmer ist es für Kleinkinder und abwehrgeschwächte Menschen, wie z.B. schwangere Mütter, HIV-positve Menschen, älteren und Menschen, die schon an anderen Infektionskrankheiten leiden (z.B. Typhus).
Generell ist die Malaria Tropica, die bei uns vorherrscht, weltweit die gefährlichste Malariasorte. Unbehandelt führt die Krankheit in etwa 40 % der Fälle zum Tod.
Es ist ein rechtes Kreuz für die Menschheit hier. Man hört immer mal wieder über Forschungen an einem Malaria-Impfstoff, aber bisher ist noch nichts Wirksames herausgekommen. Das liegt wohl u.a. auch daran, daß die westliche Welt wenig Interesse an dieser Krankheit hat und Gelder eher in Themen gehen, die für Europa oder Nordamerika relevant sind (z.B. Krebsforschung).
 
Eine Erwachsenen- Dosis des o.g. Malariamedikamentes ist in Uganda auch für die ärmere Bevölkerung erschwinglich und kostet umgerechnet 50 Cent.
Wenn dieses Medikament nicht anschlägt, vermehren sich nicht nur die Erreger, die Anämie und generell die Krankheit verschlimmert sich, es wird auch erheblich teurer. Der nächste Schritt bei Resistenz ist die Quininebehandlung, die meist per Infusion gegeben wird und schlimme Nebenwirkungen hat. Seit meiner letzten Quininebehandlung kann ich nachts nicht mehr die Grillen hören und muß auch bei Gesprächen öfter nachfragen. Eine Quininetropfbehandlung kostet durchschnittlich 10 Euro und reißt schon ein sehr großes Loch in den Geldbeutel der betroffenen ärmeren Familien.
Dann gibt es die richtig guten, teuren Medikamente wie Malarone oder Lariam. Sie kosten hier im Land zwar nicht so viel wie in Europa, sind aber für die meisten Leute unerschwinglich. Meinem letztwöchigem Anfall haben übrigends auch von unseren Besuchern hiergelassene Malaronetabletten geholfen und ich kam um Quinine herum.
 
Wie entstehen Resistenzen? Es ist schon lange bekannt, daß große Touristenzentren in Malariagebieten, z.B. Mombasa in Kenya, chronisch resistente Malariastämme haben. Man muß verstehen, daß die Malariamücke (Anopheles) auch Leute sticht,die Prophylaxe nehmen. Das sind meist Europäer/ Amerikaner, die die Mittel haben sich selber mit den besten Medikamenten vor Malaria zu schützen. Die Mücke saugt das Blut dieses Menschen mit einem kleinen Teil des Prophylaxewirkstoffes auf. Der Mensch wird selber nicht krank. Die eingedrungenen Plasmodien werden gleich von der Prophylaxe abgetötet. Aber die Mücke nimmt den guten Prophylaxewirkstoff in ihrem Cyclus auf und baut nun einen neuen resistenten Erreger, den sie dem nächsten Menschen einimpft. Falls dieser nicht auch durch gute Prophylaxe geschätzt ist, entwickelt er nun resistente Malaria, die nicht mehr auf die einfache Erste Wahl Medizin anspricht.
 
Wir nehmen an, daß ein Grund für die zunehmenden Resistenzen in und um Butiru (die Mücke hat eine Flugweite von ca. 1.5 km) unsere vielen Besucher aus Europa sind, die meist alle Malarone oder Lariam als Prophylaxe nehmen. Und wir möchten Euch heute ein paar Richtlinien für den Schutz unserer Schul- und Dorfbevölkerung vorschlagen.
Man kann der Malaria (zu ca 80 %) fär einen kürzeren Zeitraum von unter 2 Monaten durch einen Tee aus Artemisin/ Anis etc. vorbeugen. Diesen Tee gibt es in Uganda. Wir möchten unsere gesunden, erwachsenen Besucher bitten, für die Zukunft evtl. diese Option anstelle von Malarone oder Lariam zu erwägen. Wir könnten Euch gleich am Flughafen die erste Tasse servieren :-)
 

Wem das zu unsicher ist, möchten wir Doxycycline 100 mg täglich empfehlen. Dieses Antibiotikum ist in Deutschland noch nicht als Malariaprophylaxe bekannt, wohl aber in England. Unsere beiden derzeitigen englischen Besucher Abigail und Lena nehmen es beide, empfohlen von ihren jeweiligen Hausärzten.
Doxycycline schlägt etwas auf den Magen, sollte also immer nach einer guten Malzeit eingenommen werden und ist eben ein Antibiotikum, mit allen entsprechenden
Begleiterscheinungen. Aber für einen kürzeren Zeitraum von bis zu 2 Monaten sehr gut vertretbar.
Bitte denkt einmal darüber nach.
 
Vielleicht liest diesen Blogeintrag ja auch irgendwo ein Pharmazeut und kann noch zusätzliche Tipps geben. Oder noch besser: kann die Forschung in Richtung Malariaimpfstoff ankurbeln??
 
Liebe Grüße von Elisabeth